Mit dem Erwachsenwerden hat der Franzose genauso wenig am Hut wie Oscar aus Günter Grass „Die Blechtrommel“ und Peter Maffays Drache Tabaluga. Zwar wuchs er in den vergangenen drei Jahrzehnten in der Länge um 17 Zentimeter auf 3,63 Meter und in der Höhe um 12 Zentimeter auf 1,54 Meter nach wie vor nur 1,64 Meter breit, passt er aber immer noch in dieselben Parklücken wie 1993. Verhältnismäßig XXL hingegen ist der Radstand von 2,50 Metern. Der sorgt nicht nur dafür, dass auf der Rückbank notfalls auch zwei Erwachsene ein Plätzchen finden, sondern hilft auch bei dem Ding mit dem Gleichgewicht.
Auch, wenn der Twingo aufgrund seiner Figur bei Seitenwind früh in Schunkelstimmung kommt, hält er auch bei Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn brav die Spur. Die beträgt immerhin 158 km/h. Für aus drei coladosengroßen Zylindern generierten 65 PS ist das nicht übel. Auf der kurvigen Landstraße macht der Eintonner allerdings durch zunächst noch gutmütiges Übersteuern schnell deutlich, dass er kein Sportwagen ist. Die haben auch keine Starrachse mit Schraubenfedern und Trommelbremsen unterm Boppes. Dafür aber gerne ihren Motor. Genau wie der Twingo. Das Einliter-Triebwerk ist vor den Hinterreifen unter dem Kofferraumboden verbaut.
Das Gepäckabteil ist mit 188 Litern Ladevolumen trotzdem noch ordentlich für einen Kleinstwagen. Zwei Kisten Bier und ein wenig Stückgut aus dem Supermarkt passen bequem zwischen Rücksitzlehnen, Kofferraumdeckel und Hutablage.
Der Heckantrieb bietet noch einen ganz praktischen Vorteil: Weil die Vorderräder mehr Bewegungsfreiheit haben, kann der Twingo mit einem sensationellen Wendekreis von nur 8,75 Metern punkten. Das macht das Rangieren auch in sehr engen Parkhäusern fast schon zum Kinderspiel. Überhaupt hat das gesamte Handling schon was von „laissez-faire“. Zur Leichtigkeit des (Autofahrerda)-Seins trägt auch das minimalistische und daher sehr übersichtliche Cockpit bei. Der Tacho hinter dem unten abgeflachten Lenkrad ist riesig, der 7 Zoll große Touchscreen des Multimedia-Systems prominent in der Mitte des Armaturenbretts platziert.
Die Schalter, Knöpfe und Drehregler sind genau da, wo sie hingehören und fühlen sich - wie der ganze Twingo - wertig an.
Wertig ist auch die Serienausstattung. Dafür, dass es sich beim „Equilibre“ um das Basismodell handelt, hat er ganz schön was intus. Zum Beispiel beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber, einen höhenverstellbaren Fahrersitz und die Klimaautomatik. Bei unserem Test-Twingo standen lediglich das Navi für 400 Euro, die Lackierung in Mangofarbe für 390 Euro sowie der Tempomat und der Spurhaltewarner für zusammen ebenfalls 390 Euro zusätzlich auf dem Kassenzettel.
So weit, so günstig. Wie aber sieht es mit dem Verbrauch aus? Renault beziffert den Durchschnitts-Durst des SCe 65 mit gut fünf Litern Superbenzin auf hundert Kilometern. Bei unseren Testfahrten luderte sich der kleine Franzose - abhängig von der Wahl des Schaltpunkts - zwischen fünfeinhalb und sechs Liter Sprit durch die Zylinder.
Fazit: Der Twingo ist auch heute noch das, was er seit 30 Jahren ist: Ein jugendlich-frisches Gute-Laune-Auto für alle, die auch mit wenig Platz und Pferdestärken viel Spaß und Aufmerksamkeit haben wollen. Text: Christian Reiche / Fotos: Maurice Weber
Fakten: Renault Twingo SCe 65 Equilibre
MOTOR: Reihendreizylinder-DOHC-Ottomotor, 998 ccm Hubraum, 48 kW / 65 PS Leistung, maximales Drehmoment 95 Nm bei 4000 U/min, Abgasnorm Euro 6, Energieeffizienzklasse B.
ANTRIEB / FAHRWERK: Heckantrieb, Fünfgang-Schaltgetriebe, elektrische Servolenkung, Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen und Querstabilisator vorn und De-Dion-Hinterachse mit Schraubenfedern hinten, Scheibenbremsen vorn und Trommelbremsen hinten, ABS mit Bremsassistent, Elektronisches Stabilitätsprogramm und Antriebsschlupfregelung.
FAHRLEISTUNGEN / VERBRAUCH: Höchstgeschwindigkeit 158 km/h, Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 15,1 Sekunden, Testverbrauch 5,5 Liter Superbenzin auf 100 Kilomentern, CO₂-Ausstoß 118 bis 116 g/km (Herstellerangabe).
LISTENPREIS: 15 800 Euro.