Dort, wo noch Neubauflächen notwendig werden, ist dies an Kriterien der Nachhaltigkeit zu knüpfen, sagt Barbara Schlesinger, Referatsleiterin Architektur und Bautechnik bei der Bundesarchitektenkammer e. V. (BAK): „Durch die Umnutzung von Büroflächen, innerörtliche Verdichtung und Aufstockung von Gebäuden kann der knappe Platz in vielen Ballungsräumen bestmöglich genutzt werden. Die Vergabe von Bauflächen in der Innenstadt sollte an flächensparende und nutzungsflexible Bauformen geknüpft sein.“
Ballungsraumentlastung dank der Nutzung von Leerständen auf dem Land
Im zweiten vorgestellten Kurzgutachten „Chancen der Wohneigentumsbildung durch die Umnutzung von Büroflächen und den Wiederbezug von Wohnungen im ländlichen Raum“, erstellt durch das Eduard Pestel Institut, werden unter anderem Chancen für mehr selbst genutztes Wohneigentum in ländlichen Regionen durch die Wiedernutzung un- oder untergenutzter Wohngebäude deutlich. 15 000 Wohneinheiten könnten so jährlich geschaffen werden.
Hierzu erklärt Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerksund Wohnungsbau e. V. (DGfM): „Insbesondere für junge Familien ist ein Umzug aufs Land durch die Möglichkeiten des Home Office attraktiv. Ihnen bietet sich eine große Chance, zu angemessenen Konditionen Wohneigentum zu erwerben. Die Übernahme leerstehender Bestandsgebäude ist deswegen mindestens so förderungswürdig wie der Erwerb eines Neubaus.“
Wer dank Home Office nicht mehr in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz wohnen muss, entlastet Wohnungsmärkte und Infrastruktur der Ballungszentren und sorgt gleichzeitig für eine Stärkung des ländlichen Raums, so ein weiteres Ergebnis des Gutachtens.
Laut Gutachten des Eduard Pestel Instituts finden sich in vielen Klein- und Mittelstädten bereits jetzt Häuser und Wohnungen, die auch für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen finanzierbar sind. Dies gilt jedoch bei Weitem nicht für alle Regionen des Landes.
Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren e. V. (VPB), plädiert daher für eine zielgerichtete Eigentumsförderung: „Selbst genutztes Wohneigentum ist in Deutschland zu häufig denjenigen vorbehalten, die aus dem Elternhaus Unterstützung für das Eigenkapital erhalten. Damit dürfen wir uns nicht abfinden, zumal 73 Prozent der Mieter lieber im Eigentum leben würden. Wohneigentum sorgt für mehr Unabhängigkeit des Einzelnen vom Staat und ist eine exzellente Form der Altersvorsorge.“ (IVD)
Zweite Chance für Altbauten: Kreative Umnutzung
Stillgelegte Bahnhöfe, Industriedenkmäler, alte Scheunen oder Tankstellen – knappe Flächen und steigende Mietpreise sorgen immer öfter für neue kreative Wohnmodelle. Statt die Gebäude abzureißen, setzen sich viele Gruppen und Initiativen für die Umnutzung von Bestandsimmobilien ein.
Not macht erfinderisch: Um neue Wohnflächen zu erschließen, sind clevere Konzepte und erfahrene Architekten gefragt. Ein prominentes Beispiel für eine Umnutzung ist das ehemalige Thyssen Trade Center in Düsseldorf, das in das moderne Wohngebiet „Living Circle“ umgewandelt wurde.
Für eine solche Umwidmung von Büroflächen muss bei der Stadt eine Nutzungsänderung des Areals beantragt werden. So wurde für die Realisierung des „Living Circle“ das vorhandene Kern- und Gewerbegebiet in ein allgemeines Wohngebiet umgewandelt. Heute beherbergt es 340 Wohneinheiten, eine Kindertagesstätte und einen Supermarkt.
Auch in der unmittelbaren Umgebung großer Städte mangelt es an Wohnraum. Interessierte Baufamilien und Baugruppen müssen heute lange suchen, bis sie ein geeignetes Objekt gefunden haben.
Doch viele kreative Vorbilder ermuntern dazu, diesen Weg zu gehen. So entstand im Herzen Zürichs, im stillgelegten alten Zollhaus, ein modernes Quartier mit Platz für Gewerbe, Kultur und Wohnen mit 50 Wohnungen für bis zu 190 Personen. Das Quartier am alten Zollhaus gilt heute als Paradebeispiel für gelungene Umnutzung und modernes Mehrgenerationenwohnen. (BHW)