Alex Bülow ist der neue Athletiktrainer des TSV Steinbach Haiger – und nebenbei Torhüter beim SSC Burg

ANZEIGE

Auf die Stimme kommt es an

Ob nun Körpersprache oder verbale Kommunikation: Alex Bülow weiß, auf was es als Athletiktrainer bei den Spielern von Fußball-Regionalligist TSV Steinbach Haiger ankommt. Foto: Björn Franz

Haiger. Alex Bülow steht im Kabinentrakt des TSV Steinbach Haiger, hat eine Flasche Wasser und eine Limo für den Gast in der Hand und kocht sich selbst einen Kaffee. Die Szene wirkt, als wäre der junge Mann schon lange hier am Haarwasen tätig.InterviewEhe wir über seine neue Arbeitsstelle sprechen, heißt es, schnell noch einen Spieler zu fragen, was er von dem 26-Jährigen hält. „Dann hole ich dir einen, der mir wohlgesonnen ist“, lächelt Bülow. Paul Stock soll es sein, der Offensivakteur des Fußball-Regionalligisten ist aber mit dem Duschen nach der morgendlichen Einheit noch nicht ganz durch. Zehn Minuten später gesellt sich „Stocki“ auf der Haupttribüne dazu. „Alex arbeitet sehr viel und absolut ordentlich. Seine Aufgabe ist extrem wichtig. Cheftrainer wollen meist so viel machen, wie sie können. Da braucht man jemanden, der auch mal die Handbremse reinhaut“, beschreibt er die Rolle des Athletiktrainers. „Er ist das Bindeglied zwischen Trainerteam und Mannschaft“, so Stock.Im Juni unterschrieb Alex Bülow, der nebenbei als Torhüter beim Verbandsliga-Aufsteiger SSC Juno Burg kickt, mit seiner Freundin Sina in Siegen wohnt und dessen Eltern aus Hilchenbach-Oberndorf (einem 80-Einwohner-Dörfchen am Rand des Rothaargebirges) kommen, einen Dreijahresvertrag als Athletiktrainer beim TSV. Weil Alex Ryan, der gerade mal ein Jahr am Haarwasen arbeitete, eine Ausstiegsklausel in seinem Kontrakt und es ihn zum SV Wehen Wiesbaden zog. Und Bülow damit indirekt die Tür für die Bewährungschance quasi um die Ecke öffnete. 

„Ich stehe in der Schnittstelle zwischen Physios und Trainerteam, bin für die Fitness und Performance der Spieler zuständig”

Alex Bülow, neuer TSV-Athletiktrainer

Alex Bülow, Sie sprachen nach dem Training gerade noch länger mit Torhüter Markus Scholz. Können Sie ihn noch besser als zum Beispiel einen Feldspieler betreuen, weil Sie bei Burg selbst im Kasten stehen?

Natürlich muss man als Athletiktrainer bei Torhütern auf andere Dinge achten. Da geht es um kurze Distanzen, meist Fünf- bis Zehn-Meter-Sprints, um nahe am Wettkampf dran zu sein. Bei Feldspielern mache ich zum Beispiel gerne freie Richtungswechsel in hohem Tempo als Bewegungsmuster. Klar ist: Ich versuche, jedem der Jungs zu erklären, warum ich die oder die Kraftübung ansetze beziehungsweise die oder die Mobilitätseinheit vorgebe. Objektive Daten sind das eine, subjektive Gefühle der Spieler das andere. Ich versuche, reinzuhören und mich umzuhören. Das wichtigste Utensil ist meine Stimme, die Kommunikation mit jedem Einzelnen. Deshalb wollte ich auch selbst schon immer Torhüter sein. Da kann ich vor mir alles organisieren.

Schlüpfen Sie als Athletikcoach oft in die Kummerkisten-Rolle?

Die richtige Kummerkiste ist der Physiotherapeut. Ich bin die Schnittstelle zwischen Physios und Trainerteam, für die Fitness und Performance der Spieler zuständig.

Das ist beileibe kein Job, der regelmäßig nach acht Stunden täglich vorbei ist, oder?

Der TSV Steinbach Haiger ist meine dritte Station als Athletiktrainer. Bedeutet, ich habe es so tough auch erwartet. Es sind lange, intensive Tage, an denen es nicht immer alles reibungslos läuft. In der Vorbereitung sind es häufig zwei Trainingseinheiten täglich. Dazu Datenauswertung, Detailpläne, Gespräche mit einzelnen Spielern und natürlich mit den anderen Coaches. Aktuell bin ich zwischen zehn und 15 Stunden am Arbeiten. Wenn die Runde läuft, dann kann das vielleicht ein bisschen weniger werden. Da haben wir eine Regelplanung.

Auf die Stimme kommt es an-2

Wo bleibt da die Zeit für Sie als Torhüter des SSC Juno Burg?

Einmal die Woche gehe ich freitags dort ins Training. Mehr gibt mein Job in Haiger nicht her. Die Verbandsliga-Spiele sind ja zum Glück meistens sonntags, Steinbach spielt in der Regel samstags und hat am Sonntagmorgen dann nur eine kürzere Nachbereitung. Danach bin ich frei.

Was sagt Ihre Freundin zum Thema Fußball?

Die versteht das. Wir sind zusammen, seitdem wir 15 sind. Sina ist Hochzeitsfotografin, auch am Wochenende unterwegs. Ich habe in der Jugend-Bundesliga in Siegen gespielt, dann während meines Studiums an der Sporthochschule bei Viktoria Köln, davor in Freudenberg und danach in Altenhof, Erndtebrück und bei Germania Salchendorf. Wir nehmen uns die wenige Zeit, die wir gemeinsam haben und genießen das dann auch.

Wie kamen Sie eigentlich als Athletikcoach der Torhüter ins Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Köln?

Während meiner Zeit an der „Spoho“ ist ein Kumpel vom FC nach Bielefeld gewechselt. Die Stelle in Köln wurde als 450-Euro-Job ausgeschrieben, ich hatte ein Bewerbungsgespräch und eine Probeeinheit. Ich war aufgeregt, aber es hat geklappt und war top.

Jetzt steht in Ihrer Vita, dass Sie beim „IST“ in Düsseldorf studieren. Erklären Sie das?

Das ist eine Fernuni, wo ich meinen Master Sportwissenschaften und Sporternährung mache. Gerade ist für mich aber Pause, weil es zur intensiven Arbeit hier in Haiger parallel einfach nicht geht.

Womit wir zurück am Haarwasen und Ihren Zielen als Athletiktrainer des TSV wären ...

Weiter selbst viel, viel lernen, und auch wenn nicht alles, doch das meiste richtig machen. Dazu das Vertrauen der Spieler gewinnen, um sie noch besser zu betreuen. Und der absolute Traum ist, dass alle Spieler für die Mannschaft bestmöglich verfügbar sind. Volkmar Schäfer

Selbstbewusst

Auf die Stimme kommt es an-3
Tim Georg über die neue Saison des TSV Steinbach Haiger, tim.georg@vrm.de

So viel hat sich durch den Abgang von Sport-Geschäftsführer Matthias Georg auf den ersten Blick gar nicht verändert. Denn die Verantwortlichen des TSV Steinbach Haiger krempeln wieder den Kader um. Dabei wirkt es so, als hätten Geschäftsführer Arne Wohlfarth und allen voran Trainer Ersan Parlatan das nachgeholt, was Georg und Ex-Trainer Adrian Alipour anno 2021 vorhatten. Den Kader verjüngen, das Spiel schneller machen – nur noch radikaler.

Ein Risiko, aber Parlatan hat in nur einem halben Jahr in Haiger bei Paul Stock, Jannes Wulff und letztlich auch beim allerdings verletzungsbedingt ausgebremsten Jonas Singer bewiesen, dass er junge Spieler entscheidend weiterentwickeln kann. Nimmt man diese Entwicklung als Maßstab, werden die Anhänger am Haarwasen viel Freude mit diesem bisweilen wilden Haufen haben. Dieser wurde zudem von Parlatan durch gestandene, aufstiegserfahrene Regionalliga-Akteure wie Gianluca Korte, Arif Güclü, Yannick Langesberg und Serkan Firat verstärkt.

„Der Trainer kann junge Spieler weiterentwickeln”

Kann der TSV also den Topfavoriten Ulm und Offenbach ein Schnippchen schlagen? Der ehrgeizige Coach und auch das Umfeld strahlen jedenfalls Selbstvertrauen und Optimismus aus, Parlatan ist sich seiner Sache und dem Kader sicher und ruft deshalb forsch den Spitzenplatz als Saisonziel aus. Doch der große Kader birgt die Gefahr, dass einige stagnieren, andere mit der Bankrolle unzufrieden sein werden. Hinzu kommen erwartbare Leistungsschwankungen junger Spieler sowie der Findungsprozess, da die Vorbereitung von vielen Verletzungen geprägt war. Gerade die Offensive ist noch nicht eingespielt. Und schon Adrian Alipour konnte sich im Vorjahr sein Wunschteam zusammenstellen und ist am Ende an ehrgeizigen Zielen gescheitert. Hoffentlich kein böses Omen.

Stimmen zu Alex Bülow

Ersan Parlatan (Cheftrainer TSV Steinbach Haiger):

„Wir sind sehr froh, dass wir mit Alex einen haben, der zwar noch jung ist und auf diesem Niveau noch nicht so viel Erfahrung hat. Aber da habe ich keine Bedenken. Wir haben das Gefühl, dass es passt, und er auch willig ist, zu lernen.“

Arne Wohlfarth (Geschäftsführer TSV Steinbach Haiger):

„Es war nicht einfach, nach dem etwas überraschenden Abgang von Alex Ryan schnell einen neuen Athletiktrainer zu finden. Ich hatte unter anderem Kontakt zu Scout Max Löbbert von Greuther Fürth. Darüber kam der Kontakt zu Alex Bülow zustande. Sofort beim ersten Telefonat hatte ich das Gefühl: Das könnte passen. Er ist gut ausgebildet, weiß, was er macht, ist wissenschaftlich sehr fundiert. Der zweite große Vorteil: Alex kommt aus Siegen, ist keiner, der ein Jahr hier ist und in dieser Zeit vielleicht schon wieder woanders hinstrebt. Dass er beim SSC Burg im Tor steht, kommt erleichternd dazu. Er ist ein angenehmer Typ mit klarer Kommunikation, kommt bei den Spielern an. Und er ist ein absolut akribischer Arbeiter.“ (vsch)
  

Lesen Sie jetzt
Ohne Kaderplaner Matthias Georg, aber mit vielen neuen Gesichtern geht der TSV Steinbach Haiger ein klares Ziel an
Am Haarwasen weht ein frischer Wind
Vor zwei Jahren noch in der Verbandsliga aktiv, überzeugt Leon Ampadu als kreativer und flexibel einsetzbarer Neuzugang beim TSV Steinbach Haiger auf Anhieb
Ehrgeiziges „Bewegungstalent“
Roland Kring, Vorstandssprecher und Mäzen des TSV Steinbach Haiger, stellt sich vor dem Saisonstart acht Thesen
„Kontinuität ist das Entscheidende“