Mercedes A250 Kompaktlimousine 4Matic Progressive im Test 

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VON WEGEN BABY-BENZ

Klein geht gar nicht. Unterhalb der Mittelklasse lief bei Mercedes früher nichts. Das kleinste Modell mit Stern auf der Haube war jahrzehntelang der 190er, die spätere C-Klasse. 1997 dann der Paukenschlag: Mit der A-Klasse brachten die Schwaben erstmals ein Kompaktfahrzeug auf den Markt. Vor allem Senioren fuhren auf das 3,57 kurze, nur 1,72 breite, aber 1,60 Meter hohe „Vesperwägele“ ab. Das lag vor allem an der leicht erhöhten Sitzposition. Die ermöglichte einen knochenknackfreien Ein- und Ausstieg und sorgte für einen guten Blick auf das Verkehrsgeschehen. Außerdem war der Minivan wendig und dank des Frontantriebs auch bei Nässe und Schnee gut händelbar. 2012 dann der nächste Hammer: Mercedes transformierte die Rentner-Rikscha mal eben in eine Lifestyle-Limousine - und plötzlich drückten sich die Hipster ihre Nasen an den Schaufenstern der Mercedes-Dealer platt.

Aktuell posiert in den Showrooms der im vergangenen Herbst optisch und technisch frisch gemachte „Baby-Benz“ als Vier- und Fünftürer. Für beide gilt: Mercedesfahren ist auch in der Kompaktklasse kein billiges Vergnügen. Mit knapp 37000 Euro beginnt der Spaß. Wir wollten mehr: 238 statt 150 PS, Allradstatt Vorderradantrieb und dann gerne noch ein paar Extras serienmäßig. In der Preisliste steht die Schräghecklimousine A250 4Matic Progressive Line Advanced für 49991,90 Euro. Mit den 273,70 Euro Aufpreis für den sonnengelben Lack ist die 50-Riesen-Marke überschritten.

Das ist natürlich noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Die Sonderausstattungsliste von Mercedes ist traditionell lang und verführerisch. Ganz so nackig wie einst lassen die Stuttgarter ihre Autos aber nicht mehr vom Hof. Der progressive A250 kommt unter anderem mit Rückfahrkamera, Navi, LED-Scheinwerfern, Fernlicht-Assistent, Digitalradio, Alufelgen, Sitzheizung und Sportlenkrad zu den Kunden. Auch eine handvoll Assistenten sind an Bord. Davon einer zum Spurhalten, einer zum Parken und einer zum Bremsen.

DIE A-KLASSE IST EIN DUPLO LÄNGER UND DREI GUMMIBÄRCHEN NIEDRIGER ALS EIN GOLF

Im Gegensatz zu seinem pummeligen Vorgänger kommt der Neue betont sportlich-muskulös daher. Mit 1,80 Metern ist er genauso breit wie ein Golf. Mit 4,42 Metern aber ein Duplo länger und mit 1,40 Metern drei Gummibärchen niedriger. Das Teil bekommt man auch beim flotten Elch-Slalom nicht so schnell umgeworfen. Von dem Plus in der Länge profitieren vor allem die Hinterbänkler. Wer nicht gerade mit Stelzen im Heidi-Klum-Format ausgestattet ist, kann im Fond fröhlich mit den Zehen wackeln. Die Kopffreiheit geht ebenfalls okay. Alles, was kleiner ist als 1,92 Meter-Mann Ben Affleck, schrubbelt nicht mit dem Skalp am Dachhimmel.

Und wie sieht es im Transportabteil aus? Naja: Mit 355 Litern zwischen Heckklappe, Rücksitzen und Abdeckung ist das Ladevolumen nicht eben rekordverdächtig. Wer beim schwedischen Möbler mehr als Duftkerzen, Kuscheldecken und ein Nachtschränkchen shoppen möchte, muss die Kids zuhause lassen und die Rücksitzlehnen umklappen. Knapp eine halbe Tonne darf man in den leer eineinhalb Tonnen schweren „Mercie“ reinpacken. Das entspricht in etwa drei Sumoringern oder 25 Kasten Bier. Egal ob voll oder leer: An der Performancedes Fahrzeugs ändern die Kilos so gut wie nichts. 224 PS leistet das zwei Liter große Vierzylindertriebwerk. Dazu kommen noch mal 14 Booster-Pferdestärken von einem Elektromotor. Die 48-Volt-Batterie speist sich aus Bremsenergie. Fleißig rekuperiert wird nicht erst, wenn der Fahrer in die Eisen geht, sondern bereits dann, wenn er den Fuß vom Gas nimmt.

Obwohl das Fahrwerk eher auf Komfort getrimmt ist, macht es auch bei sportlicher Fahrweise nicht den Spielverderber. Auch die direkt ansprechende Lenkung und die ambitioniert zupackenden Bremsen sind wie von einem Mercedes nicht anders zu erwarten supi. Mit 250 über die Autobahn brettern, mit Schmackes aus der Kurve beschleunigen, der S-Klasse beim Kickdown an der Ampel die Trägheit der Masse vor Augen führen: kein Problem. Das ist zwar alles ökologisch und ökonomisch gesehen extrem doof, macht aber auch extrem Laune. 

Wenn derartige Eskapaden die Ausnahme bleiben, gibt sich der A250 mit weniger als acht Litern Superbenzin auf hundert Kilometern zufrieden. So kommt man mit dem 51-Liter-Tank nonstop von Wetzlar nach Paris. Wer es drauf anlegt, kann den Verbrauch aber auch locker über zehn Liter treiben. Fazit: Der Mercedes A250 4Matic ist zweifellos einer der Kompaktklassenbesten und alles andere als ein „Baby-Benz“. Aber wie fast alles, was schick und schnell ist, auch ganz schön teuer.

Text: Christian Reiche
Fotos: Maurice Weber

Fakten: Mercedes A250 Kompaktlimousine 4Matic Progressive

MOTOR: Mildhybrid mit 48 Volt-Bordnetz, Vierzylinder-Ottomotor mit Direkteinspritzung und Turbolader, Hubraum 1991 ccm, Leistung 165 kW / 224 PS, maximales Drehmoment 350 Nm bei 2000 bis 4000 U/min Elektromotor mit 10 kW / 14 PS, Drehmoment 150 Nm, Schadstoffklasse Euro 6d. YED IED INDIZ 11

ANTRIEB / FAHRWERK: Allradantrieb, achtstufiges Doppelkupplungsgetriebe, tiefergelegtes Komfortfahrwerk mit Einzelradaufhängung und Teleskopstoßdämpfer mit elektronisch geregelter Dämpfung rundum, Fahrmodi Eco, Komfort und Sport, aktiver Spurhalte- und Bremsassistent. FAHRLEISTUNGEN / VERBRAUCH: Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, Beschleunigung von 0 auf 100 km in 6,3 Sekunden, Testverbrauch 7,9 Liter auf 100 Kilometern. CO₂-Ausstoß 170-157 g/km (Herstellerangabe). LISTENPREIS: 49991,90 Euro.

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