Der Mercedes GLE 450 d 4M Coupe im Test

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NOBEL-HOBEL IM STIL DER RENAISSANCE

Fotos: Maurice Weber

Mercedes ist langweilig. Das war einmal. Seit der Transformation der A-Klasse von der Rentner-Rikscha zur Lifestyle-Limousine vor gut zehn Jahren, stellen die Konstrukteure der Stuttgarter Autoschmiede immer wieder unter Beweis, dass sie durchaus auch ohne Stock im Boppes arbeiten können. In der SUV-Abteilung scheint man sogar gelegentlich mit einem Sektfrühstück in die Schicht zu starten. Schon cool, was dann am Ende des Tages vom Band rollt. So zum Beispiel das GLE Coupe - ein XXL-SUV mit Kuppeldach. Als sich Mercedes-Chefdesigner Gorden Wagener daran machte, den Crossover zu zeichnen, muss er sich ein bisschen wie Donato Bramante gefühlt haben. Der italienische Architekt wurde um 1500 damit beauftragt, anstelle der gotisch anmutenden Basilika Alt-Sankt-Peter auf dem vatikanischen Hügel in Rom den Petersdom im Stil der Renaissance zu bauen.

Ganz so monumental ist das erst vor einem halben Jahr aufgefrischte GLE Coupe zwar nicht, mit knapp fünf Metern Länge und fast zwei Metern Breite aber doch schon ein ganz schöner Oschi. Mit einem gerade noch fünfstelligen Einstiegspreis spielt es auch monetär in einer Liga mit dem BMW X6 und dem Auti Q8. Unsere Testfahrten unternahmen wir mit dem GLE 450 d 4M Coupe. Listenpreis für die Grundausstattung AMG Line Advanced Plus: 109783,45 Euro. Halleluja! - oder wie der Schwabe sagt: „Des isch abbr ganz schee habbich!“. Und noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Obwohl das GLE Coupe auch in der Basisversion schon einiges intus hat - zum Beispiel die Einparkhilfe mit 360 Grad-Kamera, Alufelgen, eine elektrische Heckklappe und sogar Fußmatten - ist die Sonderausstattungsliste immer noch mehrere Ellen lang. Neben Luxusartikeln wie geräuschdämmenden Scheiben, Nappaledersitzen und Armlehnenheizung, finden sich darin auch echte Must-Haves.

Das Fahrassistenzpaket ist so eins. Ohne fühlt sich das Spurhalter-Notbremser-Assistentenduo ziemlich einsam. Für 2350 Euro kommen unter anderem ein Abstandsassistent, ein Stauassistent mit Rettungsgassenfunktion, ein Lenkassistent mit Ausweichfunktion und ein Totwinkelassistent mit Ausstiegswarnfunktion dazu. Außerdem empfehlenswert sind das Head-up-Display für den Fahrer und die USB-Steckdosen für die Hinterbänkler.

ENDORPHIN-LABOR AUF VIER RÄDERN

Apropos Hinterbänkler: Von dem, was das GLE Coupe serienmäßig im Überfluss hat, profitieren vor allem die Fondpassagiere - Platz. Wenn man sich erst einmal durch die der Bauart geschuldet, recht engen Einstiegsluken manövriert hat, darf man sich auch als Mitglied eines ausgewachsenen Männer-Trios mit nahezu ausgestreckten Beinen in die Polster fläzen.

Viel Luft ist auch zwischen Pilot und Copilot. Der Beifahrerin mal eben übers Knie streicheln, ist für den Fahrer mit einer Sit-up-artigen Streckübung verbunden. Zum Beispiel wenn man sein Versprechen („Keine Angst, ich fahre vorsichtig“) mit dieser Geste untermauern möchte. Umgekehrt muss sich die Angesprochene ganz schön aus dem Gurt drehen, wenn sie nach wenigen Kilometern dem Möchtegern-Vettel mit der rechten Faust auf die linke Schulter boxen will.

Dabei ist es tatsächlich nicht ganz einfach, als Fahrer des GLE 450 d jederzeit die Contenance zu wahren. Wer „aus Versehen“ das Gaspedal bis Anschlag Bodenblech drückt, ist in 5,6 Sekunden auf hundert und wird erst bei 250 km/h elektronisch ausgebremst. Das ist für einen Zweieinhalbtonner mit Verbrennermotor schon mehr als beachtlich. 367 PS generiert das drei Liter große Sechszylinder-Aggregat. Hinzu kommt noch der 20-PS-Booster des Elektromotors. Der wird von einer 48 Volt-Lithium-Batterie mit Strom versorgt. Das neunstufige Automatikgetriebe lässt sich auf die Bedürfnisse des Fahrers einstellen. Fünf Fahrmodi stehen zur Verfügung: Eco (Ich will unbedingt noch bis zur Tankstelle mit den leckeren Buletten kommen), Comfort (Schwiegermutter an Bord), Sport (Ausflug mit den Jungs), Offroad (Im Wald und auf der Heide, da such' ich meine Freude) sowie Individual (eine beliebige Mischung aus allem).

Sowohl geschmeidig über Stock und Stein als auch flott um die Ecke kommt der GLE dank seines aufwendigen Fahrwerks mit Luftfederung. Ebenfalls tadellos: die direkt und präzise reagierende Lenkung und die bei Bedarf extrem aggressiv zur Sache gehenden Bremsen. Das hat mit den auf Leiterrahmen gebauten und auf Blattfedern gebetteten Geländewagen von früher rein gar nix mehr zu tun. Eher schon mit einer Sport-Limousine. Zum Nulltarif gibt's so viel Fahrspaß natürlich nicht. Eine Tankfüllung für den GLE kostet aktuell fast 150 Euro. Dafür kommt man mit dem vollen 85 Liter-Tank auch fast tausend Kilometer weit. Bei unseren Testfahrten verbrannte der in den USA produzierte Nobel-Hobel gut neun Liter Diesel auf hundert Kilometern.

Fazit: Das neue GLE 450 d Coupe sieht gut aus, fühlt sich gut an und ist in jeder Hinsicht ein echter Mercie - und damit definitiv auch nichts für den kleinen Geldbeutel. Wer es sich leisten kann und gedanklich nicht im Universum von Greta und Co. unterwegs ist, stellt sich mit dem Edel-Crossover einen zuverlässigen Endorphin-Produzenten in die Garage.

Text: Christian Reiche / Fotos: Maurice Weber

Fakten: Mercedes GLE 450 d 4M Coupe

MOTOR: Reihensechszylinder-Dieselmotor mit Common-Rail-Technik, Bi-Turbo und Ladeluftkühler, 2989 ccm Hubraum, Leistung 272 kW / 367 PS bei 4000 U/min plus 15 kW / 20 PS elektrische Leistung (Boost), maximales Drehmoment 750 Nm bei 1350-2800 U/min plus 200 Nm elektrischer Booster, Emissionsklasse Euro 6d.
ANTRIEB / FAHRWERK: Allradantrieb, Neun-Gang-Automatikgetriebe, Einzelradaufhängung, Luftfederung, Querstabilisatoren und belüftete Scheibenbremsen vorne und hinten, City-Notbremsassistent mit Fußgängererkennung, Fahrdynamikregelung ESP, Spurhalteassistent. FAHRLEISTUNGEN / VERBRAUCH: Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (elektronisch abgeriegelt), Beschleunigung von 0-100 km/h in 5,6 Sekunden, Testverbrauch 9,2 Liter Diesel auf 100 Kilometer, CO₂-Ausstoß 220-197 g/km (Herstellerangabe). LISTENPREIS: 109783,45 Euro.

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